Agulia e.v.

Heimat- und Kulturverein der Gemeinde Igel

Gerichtslaube


Im Zuge der Verbreiterung der B 49 und zur Beseitigung von gefährlichen Gefahrenstellen wurden viele Gebäude an der Triererstraße abgerissen. Dazu zählt auch die Gerichtslaube, dessen Rundbögen im ehemaligen Hotel Igeler Säule verbaut wurden.
Aloys Leonardy hat in seiner von unserem Verein herausgegebenen Chronik „Igel. Unter dem Schatten der Adlerflügel“ (1972) die Geschichte des Pützhauses als Gerichtslaube beschrieben (hier: S. 23-25):

Das Steinlaubenhaus („Pützhaus“)
Die vorgesehene Verbreiterung der Trierer Straße, einer Teilstrecke der Bundesstraße 49, wird in dem Straßenteil, der in der Ortsmitte auf einer Länge von zweihundertfünfzig Meter durch das „Altertum" (am Secundinier-Denkmal vorbei) und durch das „Mittelalter" (am Steinlaubenhaus vorbei) führt, zu dem Abbruch mehrerer Wohnhäuser zwingen. Hierbei wird auch das historische Steinlaubenhaus mit der Steinlaube (Gerichtslaube) der Spitzhacke zum Opfer fallen. Im Zuge dieser Maßnahme wird jedoch seitens der Gemeindeverwaltung mit Unterstützung des Heimat- und Verkehrsvereins Igel e. V. angestrebt, die Steinlaube als Zeuge vergangener Jahrhunderte durch Wiedererrichtung an einer anderen Stelle im Ort der Nachwelt zu erhalten. Läßt ein Abbruch des mittelalterlichen Bauwerks die Vergangenheit der Steinlaube und des Hauses nicht vergessen machen, so regt er um so mehr an, der Geschichte der Steinlaube und des Steinlaubenhauses einige Aufmerksamkeit zu widmen. Die Steinlaube hat zwei große Rundbogenöffnungen und eine flache Decke. Die Rundbogenöffnungen ruhen auf je zwei mit der Wand verbundenen, nur teilweise aus ihr hervortretenden Pfeilern (Mastern). Die Bodeaflache hat eine Ausdehnung von etwa zwölf Quadratmeter. An der linken Wand der Laube, von der Straße aus betrachtet, zieht sich eine Steinbank hin. In der hinteren linken Ecke dieser Steinwand befindet sich, ungefähr in der Höhe der Sitzfläche der Steinbank, der Eingang in das Steinlaubenhaus, zu dem drei Stufen hinaufführen. Der Sturz über der Eingangstür trägt die Jahreszahl 1610. In der Rückwand der Laube, von der Straße aus gesehen, ist ein Fenster und rechts daneben eine von oben nach unten schräg verlaufende Kellertür. Es wird vermutet, daß das Fenster und die Kellertür später eingebaut worden sind und daß sich an dieser Wand früher ebenfalls eine Steinbank befunden hat. Die Steinlaube ist eine frühere Gerichtslaube, in der die Sitzungen des Igeler Schöffenkollegiums und die Gerichtsverhandlungen stattfanden. Das Igeler Schöffenkollegium, bestand nach dem Weistum aus dem Jahre 1537 aus folgenden Personen: „Nicolaus Fischer aus Igel, Nicolaus Contzen aus Igel, Nicolaus Fassbender aus Igel, Heinrich aus Wasserliesch, Peter Becker aus Igel, Peter Thomas aus Igel, Nicolaus Pütz aus Igel und Theis aus Liersberg" (Nachträgliche Beiträge zur weltlichen Geschichte Igel von Pfarrer i. R. N. Thielen, Longuich 1933, zur Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier von Prof. Dr. Marx, Trier 1923, II S. 131 - 142). Nach der gleichen Quelle „wurden die Sitzungen dieses so hohen wie schlichten Kollegiums zu Igel regelmäßig dreimal im Jahre getätigt (es wurde gedingt) und zwar das erste Mal montags nach dem Dreikönigstag (Jahrgeding im Winter), das zweite Mal montags nach dem weißen Sonntag (Jahrgeding im Frühjahr), das dritte Mal montags nach St. Johann-Baptist-Tag (Jahrgeding im Sommer). Bei diesen Jahresversammlungen „wiesen" die Schöffen die Rechte und Pflichten zuerst der Grundherren gegenüber ihren Untertanen (Hörigen), darauf das Umgekehrte. Diese Weisungen der Schöffen waren das Weistum, durch das sie bekundeten, \vas sie, als ihnen überliefertes Recht und überlieferte Pflicht, über die Beziehungen zwischen Herrn und Hörigen nach bestem Wissen und Gewissen wußten/' Die Rechtsprechung, die von altersher nach Gewohnheitsregeln mündlich überlieferten Rechts und überlieferter Pflicht stattfand, wurde mit der Zeit, veimutlich seit dem 13. Jahrhundert, unter eidlicher Aussage der Schöffen schriftlich niedergelegt. Diese Niederschrift nannte man „Schöffenweistum " im Gegensatz zum „Sehnerweistum", einem Dokument der Kirchenratsmitglieder. Im Steinlaubenhaus (Pützhaus) befindet sich an der Wand links hinter der Haustür eine Takenplatte mit dem Wappen der Infantin Isabella Klara Eugenia von Spanien und der Jahreszahl 1616. Die Infantin Isabella Klara Eugenia war die Tochter des spanischen Königs Philipps II. (1555 » 1598). Als nach der Abdankung Karls V. (1506 - 1555) die Länder des Hauses Habsburg in eine österreichische und spanische Linie aufgeteilt wurden, kamen die Niederlande mit dem Herzogtum Luxemburg und damit auch Igel unter Philipp IL zu Spanien. Kurz vor seinem Tode überließ Philipp IL die Niederlande seiner Tochter Isabella Klara Eugenia (1598 - 1621), deren Gemahl der Erzherzog Albert von Österreich wurde. Nach dem Tode des kinderlosen Albert (1621), kamen die Niederlande an Spanien zurück. Die Regentin der Niederlande, die Infantin Isabella Klara Eugenia, wurde Landesherrin des Herzogtums Luxemburg, das nunmehr mit Igel von 1555 ab bis 1684 unter der ersten spanischen Herrschaft stand. In der Giebelseite des Steinlaubenhauses (Pützhauses) nach der Waldstraße zu ist eine zugemauerte Tür mit der Jahreszahl 1612 im Türsturz zu erkennen; darüber befindet sich ein Oberlichtfenster, in dessen Sturz ein kleines Steinwappen mit einem Ziehbrunnen dargestellt ist.

Die Bezeichnung „Pützhaus" rührt wahrscheinlich daher, daß das Haus früher das Wohnhaus der Familie des Schöffen Clais (Nicolaus) Pütz war. Letzteres findet seine Bestätigung in dem Weistum aus dem Jahre 1537, in dem es über den Ort der Sitzungen des Igeler Schöffengerichts und der Gerichtsverhandlungen heißt: „synt diese dinghe geschieht in Igel vor Pütz Clais huis", d.h., daß die Sitzungen und Verhandlungen in Igel vor dem Hause des Nicolaus Pütz stattfanden. Der Name Pütz dürfte von dem lateinischen Wort „puteus" beziehungsweise von dem französischen Wort „puits" = „Ziehbrunnen" abstammen, der im dörflichen Dialekt auch „Petz" genannt wird. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß sich in dem Pützhaus der erste Ziehbrunnen des Dorfes befunden hat. Das Vorhandensein eines Ziehhbrunnens in oder an dem Pützhaus wird dadurch bestätigt, daß heute noch am Fuße der Ostwand neben der Rundbogenöffnung der Laube ein — jetzt abgedeckter — Brunnenschacht vorhanden ist.

In Nachbarhaus eingebauter Bogen der alten Gerichtslaube.

Alte Gerichtslaube mit noch intakten Steinbögen.

Steinbogen nach Abriss der Gerichtslaube von der Triererstraße aus gesehen.

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