Heimat- und Kulturverein der Gemeinde Igel
Das Grutenhäuschen haben die Römer nicht rein zufällig mitten in die Weinberge zwischen Igel und Wasserbilligerbrück unweit der Löwener Mühle gebaut. Es ist der Punkt, auf den abends die letzten Sonnenstrahlen fallen. Anlässlich der umfassenden Restaurierung des römischen Grabtempels im Jahr 2001 hat Dr. Karl-Heinz Weichert eine Broschüre zum Grutenhäuschen („Der römische Grabtempel von Igel“) verfasst. Diese ist inzwischen fast vergriffen. Nachfolgend präsentieren wir einen Textauszug (S. 4-7):
Geschichte und Bedeutung des "Grutenhäuschens"
Der Name Grutenhäuschen sagt allein nicht viel. Doch das Gemäuer hat Geschichte. Es handelt sich um den am besten erhaltenen oberirdischen Grabbau nördlich der Alpen." So konnte man es in der Pfingstausgabe 2001 des "Trierischen Volksfreundes" nachlesen. Der Superlativ, mit dem die Zeitung dieses Denkmal belegt "... am besten erhaltenen oberirdischen Grabbau nördlich der Alpen..." ist sicher etwas hochgegriffen.
Das "Grutenhäuschen" ist aber tatsächlich ein römischer Grabtempel; unmittelbar an der Römerstraße, die von Igel an der heutigen "Löwener Mühle" vorbeiführt und dann einmündet in die Hauptstraße von Trier nach Metz. Es gibt nur wenige schriftliche Zeugnisse über dieses Gebäude (neben der etwa 1,6 km östlich stehenden Igeler Säule wirkte das "Grutenhäuschen" recht unscheinbar). Eine erste schriftliche Aufzeichnung finden wir bei Pfarrer Philipp Schmitt von 1856: "Eine viertel Stunde oberhalb Igel beim letzten Gipsbruche erblickt man von der Straße aus links in der halben Höhe des Berges zwischen Rebstöcken das Crutenhäuschen. Es sind die Reste eines aus Kalkstein sehr stark gebauten Hauses. Noch stehen da zwei Seitenmauern gegen 18' hoch und 16' breit, 12' voneinander. Zwischen ihnen ist von einer Mau er zur anderen ein Kellergewölbe gegen 19' hoch, 12' weit und 16' tief. Die einen sagen hier sei früher ein Weg nach Zewen vorbeigegangen (jetzt keine Spur davon) und es habe eine Frau darin gewohnt, welche Wirtschaft gehalten. Andere aber wollen das Crutenhäuschen sei von den Cruten, ganz kleinen Leuten Wichtelchen bewohnt gewesen." (Ungedruckte Schrift des Pfarrers Philipp Schmitt "Der Kreis Trier unter den Römern", (ca. 1856), Seite 152; Archiv des Rheinischen Landesmuse ums Trier.) Im Trierischen Jahresbericht VII/1914, Seite 18, finden wir den Vermerk: "Eine römische Grabkammer, die früher schon einmal festgestellt, aber wieder in Vergessenheit geraten war, befindet sich zwischen Igel und Langsur und wurde vom Museum aus besichtigt. Sie ist verhältnismäßig gut erhalten und verdient bald einmal eine nähere Untersuchung." Diese Untersuchung begann 1921: "In der Nähe von Igel nahm Baurat Dr. Krencker die Untersuchung des sog. "Gruttenhäuschens" in Angriff, eines zwischen Igel und der Löwener Mühle ziemlich hoch in den Weinbergen gelegenen römischen Grabtempels, der bis zum Gewölbeansatz des oberen Stockwerks erstaunlich gut er halten ist. Dank dem Entgegenkommen des Grundbesitzers, Herrn Heinz in Igel, ist der Unterstock jetzt wieder von einer modernen Mauer, die eingebaut war, befreit und die obere Kammer, die voll Erde lag, ausgeräumt worden." (Trierer Jahresbericht XII/1921, Seite 45) Das Bild (S. 5 oben) zu diesem Bericht, aufgenommen am 11. März 1920 vom Landesmuseum Trier, zeigt sehr deutlich den relativ guten Erhaltungszustand. Die Untersuchung von Krencker war 1922 abgeschlossen. In der Germania VI (1922), finden wir den ersten ausführlichen Bericht über die Grabungen und Beschreibungen über die Funktion des "Grutenhäuschens": "Das “Grutenhäuschen" bei Igel, ein römisches Mausoleum." Dieser Bericht wurde als Sonderheft veröffentlicht. Besonders bemerkenswert sind die beigefügten Fotos, Aufzeichnungen des vorgefundenen Zustandes, sowie die Rekonstruktionszeichnungen (s. S. 22 / 23), aufbauend auf der vorhandenen Bausubstanz. Krencker schreibt zur gegenwärtigen Nutzung des Gebäudes: “Die Grotte diente eine lange Zeit nur als Untertreteraum für Winzer und Steinmetze, eine Zeitlang als Aufbewahrungsort von Dynamit für einen Bahnbau, jetzt dient sie als Geräteraum für den Besitzer des Weinberges." Zur geschichtlichen Bedeutung bemerkt er: "... dass es sich unzweifelhaft um ein römisches Bauwerk und allem Anschein nach um eine Grabkammer, mit darüber errichtet gewesenem Tempelchen handeln müsse." Der ausführlichen Beschreibung des vorhandenen Befundes folgt die Rekonstruktion des Grabtempels. Hierbei greift er zurück auf ähnliche Grabstätten im römischen Reich, vor allem in Afrika: “Zweifel, die dieserhalb an der richtigen Ergänzung auftauchen sollten, dürften behoben werden, durch den Vergleich mit zwei Grabtempeln ähnlicher Abmessungen aus Afrika, den Mausoleen in Zana und Morsott.... Den Eingang zu der Grabkammer von der Front aus hat das Igeler Mausoleum gemeinsam mit dem zu Madaurus in Afrika und Sera in Syrien." Auch in Italien, vor allen Dingen in der Nähe Roms, finden sich vergleich bare Monumente. Daran angelehnt wird die Rekonstruktionszeichnung erstellt, die das ursprüngliche Aussehen wohl annähernd wiedergibt.
Zu der in römischer Zeit üblichen Innenbemalung eines solchen Denkmals schreibt Krencker: "Von Wandputz waren spärliche Reste, von Malereien nichts erhalten." Die von Krencker angenommene Nutzung dieses Gebäu des als Grabkammer wird durch neuere Forschungen des Rheinischen Landesmuseums Trier bestätigt: "Entstanden ist der Grabbau bei Igel im späten dritten oder im vierten Jahrhundert, als die Körperbestattung die Verbrennung der Toten ablöste" (Sabine Faust in: "Archäologie zwischen Hunsrück und Eifel - Führer zu den Ausgrabungsstätten des Rheinischen Landesmuseums, Trier 1999). Es darf angenommen werden, dass in dieser Übergangszeit der Bestattungsriten im "Grutenhäuschen" sowohl Erdbestattung mit Steinsärgen als auch Urnenbestattung, möglicherweise in den vorhandenen Wandnischen, erfolgte. 1962/63 hat das Landesamt für Denk malpflege Rheinland-Pfalz Mittel bereitgestellt, den vorhandenen Mauer bestand zu sichern und durch eine Aufmauerung der Wände mit Dach, angelehnt an die Rekonstruktion von Krencker, diesem geschichtlichen Denkmal eine nachempfundene antike Form zu geben. Die Bestattung in Grabmausoleen war im römischen Reich bei entsprechend vermögenden Bürgern weit verbreitet. So finden wir auch in unserer Region weitere Reste solcher Grabmausoleen: Langsur-Mesenich, Reichertsberg in Trier-Euren, Minden an der Sauer. In Nehren bei Cochem und in Bech-Kleinmacher an der luxemburgischen Mosel sind zwei ein drucksvolle Beispiele rekonstruiert worden. Im letzteren Fall, dem "spät antiken Grabbau" bei Bech-Kleinmacher, der bereits 1950 entdeckt und 1959 teilweise ausgegraben, aber erst 1987/88 in seiner archäologischen Bedeutung richtig erkannt und entsprechend untersucht wurde, hat man wohl die Rekonstruktionszeichnung des "Grutenhäuschen" bei Igel von Krencker aus den 20er Jahren zum Vorbild genommen. So wurde hier schnell und eindrucksvoll ein Tempel im Weinberg wiederaufgebaut und der Bevölkerung ein sichtbares Bild römischer Lebensweise aus dem 3./ 4. Jahrhundert vermittelt. Das Landesmuseum Trier hat als Ergänzung einen Steinsarg geliefert, der im unteren Teil dieses Gebäudes aufgestellt wurde. Kleinere nicht so pompöse Grabtempel finden sich in Trier, St. Matthias und St. Maximin (s. H. Cüppers: "Gräber und Friedhöfe"; in "Die Römer an Mosel und Saar", Mainz 1983).